Presse: Gefühlte Eindrücke in der Kirche

Kölnische Rundschau, 31.01.2011

Projekt des Vereins „Blinde und Kunst“ in St. Georg am Waidmarkt

VON MIRA LANGEL
Wie kann ein Blinder Kunst für Gehörlose machen? Diese Frage beantwortete am Samstag der Verein „Blinde und Kunst“ in der Kirche St. Georg am Waidmarkt. Während der blinde Soziologe und Künstler Dr. Siegfried Saerberg schilderte, wie er den Innenraum einer Kirche ertastet und dabei die Glocken läuten spürt, übersetzte die Hörgeschädigtenpädagogin und Diözesanreferentin Dr. Julia Mergenbaum das Gehörte in die Gebärdensprache. Doch auch in die andere Richtung fand Kommunikation statt: In zwischendurch eingespielten Sprachbeiträgen schilderten Gehörlose ihre gesehenen und gefühlten Eindrücke in der Kirche. Saerberg erklärte seinen verblüfften Zuhörern, wie er und ein gehörloser Freund sich gegenseitig Kurznachrichten auf dem Handy schicken – im Zeitalter der Kommunikation natürlich nur eine Frage der Technik: Eine spezielle Software liest ihm einund ausgehende Nachrichten vor, seine Tastatur ist mit Blindenschrift ausgestattet.

Auf musikalischer Ebene gelang die Verständigung ebenfalls: Die blinde Sängerin Leslie Mader bezauberte durch eine virtuose Darbietung des Lieds „Amazing Grace“, das auch in Gebärdensprache übersetzt wurde, Melanie Noske spielte an der Orgel. Die Veranstaltung fand im Rahmen des Projekts „Ohrenblicke – Radio von Blinden“ statt, das der Kölner Verein „Blinde und Kunst“, seit 2008 begleitet. Gefördert durch die EU arbeiten Blinde und Sehende dazu gemeinsam 30 künstlerische
Audioproduktionen aus, die über freie Medien im EU-Raum verbreitet werden. Der Vorsitzende des Vereins Raimund Ollinger erklärte, dass es ihm um die „Bewegung der Blinden vom Rand der Gesellschaft auf deren Zentrum zugehe.
So ist die akustische Darstellung von Kunst nur ein Schwerpunkt des von der EU geförderten Projekts „Ohrenblicke“, das auch die beruflichen Chancen von Blinden verbessern will.